Nach reichlichen Überlegungen habe ich nun einen Titel für meinen Thriller gefunden!
¿Identität?
Er passt nach meinem Empfinden, wie die bekannte Faust aufs Auge.
Bevor ich mit dem ersten Kapitel beginne, schicke ich den Leser mit "Rückblick" in eine kleine Szene, die fünfzehn Jahre zuvor passiert ist.
Ich komme im Augenblick sehr gut mit dem Roman voran, auch das Cover ist in Arbeit, und hoffe ihn im Sommer Euch präsentieren zu können.
Rückblick
Das Fass stand kurz vor dem Überlaufen. Lange genug
hatte Rosa die ständigen Telefonate zwischen ihrem Ehemann und seinem Bruder zu
ignorieren versucht. Diese Familienangelegenheit ging nun nicht mehr spurlos an
ihr vorbei. Es ärgerte sie mittlerweile sehr, wie ihr Mann das Leben seines
Neffen nach seinen Vorstellungen beeinflusste. Diesmal sollte seine Hochzeit
verhindert werden.
»Warum mischt du dich immer wieder in sein Leben
ein?« Rosa war dem jungen Mann zwar nie persönlich begegnet, aber aufgrund der
zahlreichen Gespräche, Familienfotos und Erzählungen fühlte sie mit ihm. »Er
wird deine Geschäfte ohnehin nicht unterstützen.«
»Er wird, auch wenn ihm das nicht bewusst ist.« Er
zupfte einen Fussel von der hellgrauen Hose seines maßgeschneiderten Anzuges.
Sie sah ihren Mann an und legte einen sanften Ton
in ihre Worte. »Lass ihn doch einfach zufrieden!«
Er stand auf, strich dabei sein Sakko glatt. Seine
Augen funkelten, als er sie anschaute. »Eines Tages wird er mein Nachfolger
werden. Genau darauf muss ich ihn vorbereiten.«
Sie spürte, wie ihre Gesichtszüge erschlafften.
»Er?« Ihr Mund war plötzlich ganz trocken. »Ich - ich dachte – Gabriel?«
»Gabriel?« Sein boshaftes Lachen war schlimmer als
eine kräftige Ohrfeige.
»Aber er ist dein Sohn!« Er hatte es ihr
versprochen. »Du wolltest ihn adoptieren!«
»Dieser Bastard ist nicht mal mit mir verwandt!«
Eine störende Enge in ihrem Hals machte ihr zu
schaffen. Tränen verschleierten ihren Blick. Obwohl diese Frage jetzt
überflüssig war, glitten ihr die Worte über die Lippen: »Dann wirst du ihn
nicht als Sohn anerkennen?« Eine Gänsehaut überzog ihren Körper. Nach elf
Monaten Ehe zeigte er sein wahres Gesicht.
Er zog seine rechte Augenbraue nach oben. »So naiv
kann man nicht sein.« Er musterte ihr Gesicht. »Oder etwa doch?« Er schüttelte
bedächtig den Kopf. »Hast du ernsthaft geglaubt, ich habe dich aus reinster
Nächstenliebe geheiratet? So kindisch kann eine Frau in deinem Alter nicht
sein.« Er kam dicht an sie heran. Sein Aftershave kroch ihr in die Nase, sie
hatte es immer an ihm gemocht. Er warf sich die Hand auf das rasierte Kinn.
»Mader Maria! Du warst tatsächlich davon überzeugt!« Er lachte herzhaft.
Rosa meinte, kaum noch atmen zu können. Das konnte
unmöglich der gleiche Mann sein, den sie geheiratet hatte. Ihr Herz klopfte
hastig in ihrer Brust.
»Rosa!« Er baute sich vor ihr auf wie ein mächtiger
Berg. »Den Schein nach außen zu wahren, ist und war der einzige Sinn dieser
Ehe. Auch wenn es dem blinden Hühnchen bisher nicht aufgefallen ist, habe ich
für Frauen nichts übrig. Du und dein Balg, ihr seid mir vollkommen egal.«
In diesem Moment wusste sie nicht, was größer war,
ihre Wut oder ihre Enttäuschung.
»Du benutzt uns?« Diese Erkenntnis schien ihr Herz
in Stücke zu reißen. Seine angebliche Erektionsstörung war lediglich eine
Ausrede, um nicht mit ihr ins Bett gehen zu müssen. Diese Ehe war gespielt. Die
kostbare Smaragdkette mit den passenden Ohrringen, das Auto, das war alles nur
die Gage für ein Theaterspiel. Für ein Theater aus Lügen.
»Wie du es bezeichnest, ist mir egal.« Er knipste
das Ende seiner Zigarre ab, widmete sich dann dem Anzünden.
Diese Worte schnürten ihr die Kehle zu. Nur gut,
dass Gabriel im Internat war und diese Schmach nicht miterleben musste. Sie
spürte ihre Tränen, wie sie die Wangen hinunterliefen. Sie konnte nicht klar
sehen, tastete sich deshalb nach draußen auf den Flur.
Er hatte sie von Anfang an belogen, wie einen
seiner Anzüge benutzt, um den Schein eines verheirateten Mannes zu wahren. Ihre
Welt von Vorstellungen, von Vertrauen und Hoffnung brach wie Kartenhaus
zusammen.
Rosa wischte sich die Augen trocken, dabei fiel ihr
Blick auf die dunklen Gemälde im Flur. Die vielen düsteren Farben, die Motive
von Edelleuten aus langvergangener Zeit mochte sie ohnehin nicht. Der
unbezahlbare Wert dieser Bilder änderte nichts an dieser Tatsache.
Die Bitterkeit der eben erkannten Wahrheit
hinterließ einen ekelhaften Geschmack auf der Zunge, den sie wegzuspülen
wünschte. Vor ihr stand die getäfelte Eichentür zum Kaminzimmer offen. Durch
den Anblick des kleinen Eichenschrankes neben dem Sofa kam ihr ein ungewohnter
Gedanke. Sie ging auf den Schrank zu. Noch zweifelnd öffnete sie die schmale
Schranktür. Eine Flasche karibischen Rum, 100 Jahre alten Brandy, 50 Jahre alten
Cognac und Whisky nahm sie zum ersten Mal in ihrem Leben in die Hand. Um ihre
Enttäuschung, ihren inneren Schmerz für einen Augenblick zu vergessen,
entschied sie sich für den karibischen Rum. Sie musste sich schütteln, nachdem
der Alkohol ihr die Kehle heruntergeronnen war.
Tief ausatmend setzte sie sich auf das Sofa aus
Büffelleder. Gleich morgen früh würde sie ihre Sachen packen und dieses Haus
und diesen Lügner verlassen. Bei allen Annehmlichkeiten, die das luxuriöse
Eheleben hier zu bieten hatte, wollte sie keinen Tag länger an der Seite eines
Mannes bleiben, der sie geschickt anderthalb Jahre an der Nase herumgeführt
hatte. In ihrem Kopf begann langsam ein Schwarm Bienen zu schwirren.
Tatsächlich fühlte sie sich etwas gelassener, wenngleich auch der innere
Schmerz sie noch immer quälte.
»Rosa? Was tust du denn da?« Er klang übertrieben
besorgt. So ein Mistkerl, dabei scherte er sich einen Dreck um ihr Wohlergehen.
Er packte ihre Oberarme, drückte sie in die Couch.
Das tat weh.
»Lass mich«, hörte sie sich nuscheln.
Sein Griff wurde kräftiger. »Weißt du, Alkohol und
Kokain vertragen sich so gar nicht!«
Dieser Scheißkerl! Sie konsumierte keine Drogen und
schon gar nicht sein im Labor gepanschtes Zeug. »Lass mich los!« Mit all ihrer
Kraft versuchte sie sich zu wehren. Es gelang ihr kaum. Er war zu stark. Jetzt
presste er seine Lippen fest auf ihren Mund. Sein Atem verströmte den
widerlichen Geruch seiner Zigarre. Zu allem Überfluss begrub er sie unter
seinem Körper, ließ aber von dem Kuss ab. Sie atmete durch, soweit es die Last
auf ihrem Brustkorb zuließ.
»Meine liebe Rosa. Du naives Dummerchen!«
Sein Gewicht schien in diesem Moment Tonnen schwer.
»Verschwinde!“
»Nein!« Sie hörte ihn lachen. »Du wirst
verschwinden.« Noch während
seiner letzten Worte nahm sie einen Stich in ihrem rechten Arm wahr.
»Hör auf!« Von der Armbeuge ging anfangs ein leichtes
Brennen aus. Wenn es seine Absicht war, ihr Angst einzujagen, dann gelang es
ihm. So skrupellos, sie zu töten, war er nicht, oder doch? Ein drückender
Schmerz breitete sich von ihrem Arm aus und zog sich bis zum Hals hoch. Ihr
Herzschlag wurde hörbar schneller und dröhnte in ihren Ohren. Endlich
verschwand dieser massige Körper von ihrem Rumpf. Nach Atem ringend versuchte
sie, sich aufzusetzen. Er drückte mit seiner Linken ihren Brustkorb auf das
Sofa zurück, mit der anderen Hand griff er nach dem Telefon. Sie röchelte.
»Doktor Borda? Meiner Frau geht es nicht gut. Ich
fürchte, sie hat sich eine Überdosis gespritzt. Bitte kommen sie schnell!«
Rosa spürte kalten Schweiß auf ihrer Stirn, sie
hörte sich hecheln, wie bei Gabriels Geburt. Ihre Lippen begannen zu kribbeln,
ihr Mund war auffallend trocken.
»Du musst nicht durchhalten, bis Doktor Borda
kommt.« Es klang, als stünde er bereits an der Tür.
Sie
probierte, sich an der Lehne des Sofas hochzuziehen, doch ihre Glieder fingen
an zu zitterten und zu zucken, als würden Stromstöße durch sie hindurchfließen.
Ihr Brustkorb wölbte sich krampfhaft nach oben, wie ein gespannter Bogen. Sie
röchelte und stöhnte.
Luft! Sie bekam keine Luft. Ihre Lungenflügel
schienen wie gelähmt, als wären sie mit Beton ausgegossen, der nun aushärtete.
Ihr Herz! Es schlug auffallend langsam.
Poch! Gabriel! Sie wünschte sich sehnlich, ihn noch
einmal in die Arme zu nehmen, ihm noch einmal ins Gesicht zu schauen.
Poch! Da! Sie sah ein helles Licht vor sich. Darauf
wollte sie zugehen.
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